Programmlinie | Mobilitäts-, Infrastruktur- und Siedlungsentwicklung koppeln
HINTERGRUND
Das hohe und zunehmende Pendleraufkommen in der Region ist Ausdruck der intensiven innerregionalen Verflechtungen. Grundsätzlich besteht eine sehr gute Vernetzung der urbanen Zentren untereinander durch das regionale SPNV-Zielnetz. Die urbanen Zentren übernehmen dabei eine wichtige Verknüpfungsfunktion innerhalb des polyzentrischen Netzes. Darüber hinaus besitzt die Region Köln/Bonn eine zentrale Bedeutung als (inter-)nationaler Verkehrs- und Transitraum. Die Verkehrsinfrastruktur bündelt sich vor allem entlang der Rheinschiene und auf dem Rhein als schiffbares Gewässer von europäischer Bedeutung, insbesondere für den (internationalen) Güterverkehr.
Die Belastungsgrenzen der Verkehrsinfrastruktur sind in der Region Köln/Bonn weitestgehend erreicht, in Teilen bereits weit überschritten. Das Fehlen von Flächen für den Infrastrukturausbau sowie die mangelnde Kopplung von Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung verstärken die Problemlage ebenso wie lange Planungshorizonte und Finanzierungsfragen. Hinzu kommt ein erheblicher Sanierungsstau bei Straßen, Schienen und Brückenbauwerken sowie eine nachlaufende Anpassung der gesamten Mobilitätsinfrastruktur an bereits bestehende und zukünftig wachsende Bedarfe. Viele Quartiere sind durch innerstädtische Verkehre einer hohen Belastung ausgesetzt, Frei- und Erholungsräume durch Verkehrstrassen zerschnitten und verlärmt.
Die zunehmenden Pendler- und Transitverkehre lassen sich zukünftig auf der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur nicht mehr bewältigen. Die Mobilitätswende ist deshalb notwendige Voraussetzung für ein Funktionieren der Region und zudem eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Diese betrifft das Zusammenspiel der unterschiedlichen Mobilitätsarten, den Einsatz erneuerbarer Energien und smarter Lösungen im Verkehrssektor, aber auch die sich wandelnden Bedarfe, die sich unter anderem in einer zunehmenden Beliebtheit von Homeoffice, mobilem Arbeiten und Co-Working zeigen.
Im Rahmen dieser Programmlinie steht die regionale Mobilität im Fokus. Es geht darum, eine enge Kopplung zwischen der Ausgestaltung der Raumnutzungen, dem Um- und Ausbau der Siedlungsstrukturen sowie der Mobilitätsentwicklung zu erreichen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf einer guten Erreichbarkeit der Zentren und Wohnlagen sowie der Arbeits- und Ausbildungsplatzschwerpunkte, insbesondere mit dem Umweltverbund. Aber auch umweltschonende Freizeitverkehre spielen in der Region eine wichtige Rolle, um Landschaftsqualitäten zu sichern und gleichzeitig zu erschließen. Wichtig ist es, die Mobilitätsbedarfe aller Bevölkerungsgruppen im Auge zu behalten, um deren Teilhabe zu sichern.
Der aktiven Mobilität kommt zukünftig eine besondere Bedeutung zu: Das betrifft das kleinräumige Zufußgehen im Quartier im Sinne der 15-Minuten-Stadt bis hin zu größeren Pendeldistanzen, die über RadPendlerRouten bewältigt werden können. Die Mobilitätswende setzt hierbei neue Impulse: für mehr Ressourceneffizienz, für Klimaneutralität, für eine bessere Lebensqualität, für mehr Spielraum in der Stadtgestaltung.
„Ziel ist zum einen eine Optimierung des Modal Splits, zum anderen soll durch ein
verbessertes Angebot urbaner Wohn- und Lebensqualitäten in den ländlichen Räumen der Stadtregion zusätzlicher Verkehr vermieden werden.“
Stadt Umland Netzwerk (S.U.N.)
STRATEGISCHE ZIELE
- Konsequente Verknüpfung der Siedlungs- und Mobilitätsinfrastrukturentwicklung: Fokus auf einer guten Erreichbarkeit der Zentren und Wohnlagen sowie Arbeits- und Ausbildungsplatzschwerpunkte, insbesondere mit dem Umweltverbund
- Ausgestaltung der Quartiere im Sinne einer Stadt der kurzen Wege (Stichwort
„15-Minuten-Stadt“) - Förderung bedarfsgerechter und umweltfreundlicher Mobilitätsangebote; Verbesserung der Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen und in allen Teilräumen der Region
- Anpassung und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Bezug auf die erhöhten und veränderten Mobilitätsbedarfe und
-erfordernisse
KERNAUFGABEN
- Siedlungsentwicklung und Verkehrsinfrastruktur konsequent verknüpfen („transportorientierte Siedlungsentwicklung“); dabei eine gute Erreichbarkeit mit dem Umweltverbund priorisieren: Flächeninanspruchnahme für Wohnen und Wirtschaft in möglichst vom ÖPNV gut erschlossenen bzw. erschließbaren Lagen (auch in eher ländlich geprägten Teilräumen)
- Leistungsfähigkeit des ÖPNV stärken: Gleichzeitigkeit zwischen dichter Feinerschließung und schnellen regionalen Verbindungen herstellen, beschleunigte Verbindung zwischen links- und rechtsrheinischen Bahnhöfen ausbauen, Erreichbarkeit der Rheinschiene verbessern
- Leistungsstarke ÖV-Zubringersysteme schaffen; Mobilstationen als wichtige Umstiegspunkte zwischen dem motorisierten Individualverkehr (MIV) und dem Umweltverbund in allen Teilräumen entwickeln
- Gewerbeflächenentwicklung, vor allem den Ausbau von Logistik, sowie den Bedarf an Verkehrsinfrastruktur und Mobilität integriert betrachten und in eine regionale Entwicklungsperspektive einbetten
- Für alle entscheidenden Planungsebenen integrierte Mobilitätskonzepte entwickeln; Mobilitätsmix beim Tür-zu-Tür-Verkehr im Rahmen einer multimodalen Kette ermöglichen (Seamless Mobility)
- Ein sicheres, flächendeckendes, leistungsfähiges und attraktives Radverkehrsnetz schaffen und an den ÖPNV koppeln; ein Netz von RadPendlerRouten für Radschnellverkehre zur Anbindung aller Teilräume an die Rheinschiene und zur Vernetzung der Zentren in der Rheinschiene ausbauen
- Die Neuaufteilung des Straßenraums zugunsten umweltfreundlicher und sozialverträglicher Mobilitätsformen in Abstimmung mit allen Betroffenen vor Ort voranbringen
- Die Mobilitätswende durch Digitalisierung und Innovation im Verkehrsbereich unterstützen
KARTE ZUR PROGRAMMLINIE 6
Erläuterung
Die hohe Auslastung der Verkehrsinfrastruktur stellt die Region vor zunehmende Herausforderungen. Daher soll ein zweiter ÖPNV-Ring um den Ballungsraum Köln zur langfristigen Entlastung des Bahnknotens Köln sowie zur Stärkung der Tangentialverbindungen in der Region beitragen. An strategisch günstig gelegenen Schnittstellen entlang des zweiten ÖPNV-Rings bzw. im Zulauf zur Rheinschiene mit Autobahnanschluss sollen sogenannte Regioumstiege als wichtige Umstiegspunkte zwischen dem MIV und dem Umweltverbund realisiert werden. Diese ermöglichen einen frühzeitigen Wechsel vom MIV auf den Umweltverbund und sollen so die gesamte Verkehrsbelastung in der Region reduzieren. Zur besseren Anbindung des eher ländlich geprägten Raums und zur Stärkung der Tangentialverbindungen abseits der SPNV-Trassen sollen neue Mobilitätsoptionen und die Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Verkehrsträgern und Angeboten, unter anderem durch ein Netz von Schnellbuslinien, ermöglicht werden.
Ein Netz von RadPendlerRouten soll zur Entlastung der Verkehrsnetze, vor allem in der Rheinschiene, beitragen und als Grundgerüst einer regionalen Fahrrad-Verkehrsinfrastruktur dienen. Für diese bereits im Agglomerationskonzept entwickelte Idee wurden im Rahmen des Entwicklungspfads „RadPendlerRouten“ die bisher bestehenden Planungen und Konzepte in einem Gesamtnetz zusammengefügt und sinnvolle Lückenschlüsse mit den regionalen Akteuren diskutiert.
REALISIERTE PROJEKTE PROGRAMMLINIE 6
ZUKUNFTSPROJEKTE PROGRAMMLINIE 6
ANSCHLUSSFÄHIGKEIT AN EU, BUND UND LAND
- Europäische Green Deal – formuliert die Anforderung, schnell auf eine nachhaltige und intelligente Mobilität umzustellen. Zusätzlich soll der multimodale Verkehr befördert sowie der Gebrauch alternativer Kraftstoffe gefördert werden. Der Verkehr soll weniger umweltschädlich gestaltet werden
- Koalitionsvertrag 2021-2025, Bund – Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur sowie Setzung von Rahmenbedingungen für vielfältige Mobilitätsangebote in Stadt und Land
- Zukunftsvertrag für NRW – Nutzen der Chancen der Digitalisierung und der Vernetzung von Mobilitätsangeboten, um Vorreiter der Mobilität 4.0 zu blieben
- Neue Leipzig Charta – zukünftig effizientere, klimaneutrale und multimodale Gestaltung der Verkehre. Die Förderung der aktiven Mobilität steht ebenfalls im Fokus, genauso wie der Zugang zu einem bezahlbaren, attraktiven ÖPNV
- Memorandum Urbane Resilienz – Forderung einer Stärkung des ÖPNV, der Multimodalität im Verkehr sowie des Car-Sharings und des Rad- und Fußverkehrs
- Förderprogramm „Multimodale, nachhaltige, städtische Mobilität“ NRW – Förderung der Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen einer nachhaltigen vernetzten Mobilität in städtischen Gebieten einschließlich der Verflechtungsräume
WECHSELWIRKUNGEN ZU ANDEREN PROGRAMMLINIEN
- Im Rahmen der mehrfachen Innenentwicklung wird die Mobilitätsentwicklung und die Mobilitätswende vor Ort mitgedacht [PL1]
- Durch die Priorisierung einer guten Erreichbarkeit, vor allem durch den Umweltverbund, können Zentren in der Region besser miteinander vernetzt werden [PL 2]
- Der Ausbau der Mobilitätsinfrastruktur steht im Konflikt mit dem Aufbau und Erhalt zusammenhängender grün-blauer Infrastrukturen [PL4]
- Integrierte Mobilitätskonzepte betten die Gewerbeflächenentwicklung besser in eine nachhaltige Regionalentwicklung ein [PL 7]